Streichpreise und Rabatte: Was Händler (auch) an Black Friday und Cyber Monday beachten müssen
Black Friday und Cyber Monday stehen vor der Tür: Die alljährliche E-Commerce-Rabattschlacht findet im November 2022 genau ein halbes Jahr nach Inkrafttreten der neuen Preisangabenverordnung (PAngV) statt. Vor dem Hintergrund der veränderten Rechtslage besteht für Händler neuerdings ein hohes Risiko, durch Hinweise auf gewährte Rabatte gegen geltendes Recht zu verstoßen. Gerade wer innerhalb kurzer Zeit unterschiedliche Preisnachlässe auf bestimmte Produkte gewährt oder pauschale Rabattaktionen für Teile des Sortiments plant, muss dabei nun umsichtiger als früher agieren, um nicht gegen geltendes Recht zu verstoßen und juristische Auseinandersetzungen sowie ein Ordnungsgeld zu riskieren. Wir fassen zusammen, was Shopbetreiber im Umgang mit Streichpreisen und Rabatten wissen und beachten müssen.
Inhaltsverzeichnis
Die Rechtslage: Seit 28. Mai 2022 gilt die neue Preisangabenverordnung (PAngV)
Am 28. Mai 2022 ist im Rahmen der Umsetzung der Omnibusrichtlinie eine angepasste Fassung der Preisangabenverordnung (PAngV) rechtlich bindend in Kraft getreten. Seither gelten noch einmal strengere Bestimmungen für Streichpreise und Rabattaktionen in Onlineshops. Wer Preisnachlässe gewähren möchte, muss dabei die eigenen Preise der letzten 30 Tage im Blick behalten. Und das ist insbesondere im Fall von binnen weniger Tage oder Wochen aufeinanderfolgenden Anlässen für Rabatte wichtig. Wer zu tricksen versucht oder seine Preisnachlässe nicht sehr genau aufeinander abstimmt, verstößt schnell gegen die Preisangabenverordnung – oder muss seine Produkte unter Umständen zu günstig anbieten.
Neue 30-Tage-Regel: Niedrigster Preis maßgeblich für Preisnachlässe
Die zentrale Neuerung zu Preisnachlässen in der Preisangabenverordnung lässt sich zunächst in einem Satz formulieren: Bei der Angabe sogenannter Streichpreise müssen Händler jeweils den niedrigsten Gesamtpreis angeben, den sie innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung für das Produkt gefordert haben. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass zwischenzeitliche Preisermäßigungen unterschlagen oder dass Preise vor einer Ermäßigung nur vorübergehend angehoben werden, um den anschließend gewährten Preisnachlass künstlich zu vergrößern. Das sorgt für Fairness im E-Commerce, kann in der Praxis aber auch dazu führen, dass ehrliche Kaufleute geltendes Recht verletzen – weder willentlich noch wissentlich. Wie so oft in juristischen Fragen gibt es auch in diesem Fall einige wichtige Details und Fallstricke bei der Anwendung des Rechtsrahmens in der Praxis zu beachten.
In welchen Fällen gilt die 30-Tage-Regel – und in welchen nicht?
Die 30-Tage-Regel zur Angabe von Streichpreisen und Rabatten gilt ausschließlich für den B2C-Handel und nicht für B2B-Onlineshops. Und die Vorgaben beziehen sich auch nicht auf vergleichende Hinweise auf die UVP oder allgemeine Formulierungen wie „Sonderpreis“. Sie greifen immer und nur dann, wenn ein Händler seine eigenen Endkundenpreise für Produkte senkt und anschließend im Shop oder in Werbung für den Shop mit einer möglichen Preisersparnis wirbt.
Dabei ist es allerdings unerheblich, ob das mit direktem Bezug auf die Preise einzelner Produkte geschieht (zum Beispiel in der Form „Nur 10 statt bisher 15 Euro“) oder ob Preisnachlässe für das gesamte Sortiment beziehungsweise Teile davon in Aussicht gestellt werden (Heute 10 % Rabatt auf Ihren Warenkorb!“). Ausnahmen von der 30-Tage-Regel bilden lediglich individuelle Preisnachlässe für bestimmte Kunden und reduzierte Preise auf schnell verderbliche Ware, „wenn der geforderte Preis wegen einer drohenden Gefahr des Verderbs oder eines drohenden Ablaufs der Haltbarkeit herabgesetzt wird und dies für die Verbraucher in geeigneter Weise kenntlich gemacht wird“ (PAngV § 11 Abs. 4 S. 2).
Was bedeutet das für die Angabe von Streichpreisen in der Praxis?
Ehemalige Produktpreise werden beispielsweise in Shopware 5 als „Pseudopreise“ und in Shopware 6 als „Streichpreise“ verwaltet, wobei Backend und Frontend-Ausgabe dazu seit Shopware 5.7.8 an die neuen rechtlichen Vorgaben angepasst worden sind. In der Praxis müssen Händler die Preisentwicklung in ihrem Shop sehr genau im Auge behalten und Preisnachlässe exakt aufeinander abstimmen. Freihändiges und spontanes Gewähren von Rabatten dagegen kann schnell nach hinten losgehen. Und das „Frisieren“ von Streichpreisen durch zwischenzeitliche Preisänderungen natürlich auch. Was genau im Hinblick auf die 30-Tage-Regel zu beachten ist, lässt sich anhand von drei Beispielen veranschaulichen.
1. Praxisbeispiel: Zwei Aktionspreise kurz hintereinander
Ein T-Shirt (Größe M), das im Onlineshop seit Monaten für 30 Euro angeboten wurde, wird am Black Friday (25. November 2022) für einen Tag auf 25 Euro reduziert. Anschließend wird es wieder für 30 Euro angeboten. Wenn dieses Produkt am 18. Dezember zum Vorweihnachts-Endspurt auf 20 Euro heruntergesetzt wird, darf es zu diesem Zeitpunkt nicht mit dem Streichpreis 30 Euro („Sparen Sie 33 %!“) ausgezeichnet werden. Bis zum 24. Dezember dürfte in diesem Fall nur der niedrigste Preis der vergangenen 30 Tage als Streichpreis angegeben werden, also 25 Euro („Sparen Sie 20 %!“). Andernfalls wäre der Streichpreis aus juristischer Sicht irreführend und damit eine Ordnungswidrigkeit.
2. Praxisbeispiel: Kurzfristige Preiserhöhung vor Preisnachlass
Ein T-Shirt (Größe M), das im Onlineshop seit Monaten für 30 Euro angeboten wurde, ab 1. November 2022 40 Euro kostet und dann am Black Friday (25. November) für einen Tag auf 20 Euro reduziert wird, darf zu diesem Zeitpunkt nicht mit dem Streichpreis 40 Euro („Sparen Sie 50 %!“) ausgezeichnet werden. Bis zum 1. Dezember (also auch drei Tage zuvor, am Black Friday) dürfte in diesem Fall nur der niedrigste Preis der vergangenen 30 Tage als Streichpreis angegeben werden, also 30 Euro („Sparen Sie 33 %!“). Andernfalls wäre auch dieser Streichpreis aus juristischer Sicht irreführend und damit eine Ordnungswidrigkeit.
3. Praxisbeispiel: Groß angelegter Rabatt nach Aktionspreisen auf einzelne Produkte
Richtig heikel wird es für den Händler, der die T-Shirts aus den ersten beiden Beispielen am Black Friday (25. November) zu reduzierten Preisen angeboten hat, wenn er zum Cyber Monday (28. November 2022) einen Gutscheincode „CYBERSHIRT22“ bereitstellt und bewirbt („Am Cyber Monday 20 % auf alle T-Shirts!“). Denn dabei muss er sicherstellen, dass der Preisabzug von 20 Prozent im Checkout schließlich wiederum auf den jeweils günstigsten Preis der letzten 30 Tage angewendet wird. In den Beispielen wären das die Black-Friday-Preise, so dass das T-Shirt aus dem ersten Beispiel an diesem Tag 20 statt 25 Euro kostet und das aus dem zweiten Beispiel 16 statt 20 Euro – obwohl die Referenzpreise für diese T-Shirts einen Tag vor dem Cyber Monday mit 30 beziehungsweise 40 Euro noch höher waren. Gewährt er den Rabatt auf die zuvor bereits einmal reduzierten Preise, verkauft er womöglich zu billig. Aber tut er das nicht, verstößt er gegen geltendes Recht.
Preise für andere Produktvarianten sind unerheblich
Ein wichtiges Detail in den Beispielen ist die Größenangabe. Für Produktvarianten mit unterschiedlichen Preisen gilt: Wenn die Beispiel-T-Shirts in Größe M günstiger sind als in XL, wirken sich die abweichenden Preise für die Varianten des jeweiligen Produkts beim Ermitteln des günstigsten Preises der letzten 30 Tage nicht auf die anderen Varianten aus. Es werden jeweils die Preise für die spezielle Variante betrachtet.
Nur Preise des jeweiligen Verkaufskanals als Referenz
Zudem ist zu betonen, dass in den Beispielen ausdrücklich von Preisen „im Onlineshop“ die Rede ist. Denn wer seine Produkte über zusätzliche Kanäle anbietet und dabei teilweise höhere oder niedrigere Preise ansetzt, muss darauf bei der Angabe von Streichpreisen keine Rücksicht nehmen. Es zählen ausschließlich die Preise für das jeweilige Produkt in dem Verkaufskanal, in dem der Preisnachlass gewährt wird.
Streichpreise und Rabatte konsistent über alle Marketingkanäle kommunizieren
Zwar gilt die 30-Tage-Regel nur im Hinblick auf die Preise im Onlineshop und nicht für eventuell abweichende Preise in anderen Vertriebskanälen. Aber was die werbliche Kommunikation von Streichpreisen, also das Marketing angeht, müssen die Angaben kanalübergreifend korrekt ausgespielt werden. Wer per Newsletter Preisnachlässe im Shop bewirbt, muss bei den Preisangaben ebenso die Vorgaben aus der Preisangabenverordnung beachten wie im Shop selbst. Und für alle weiteren Marketingkanäle wie Werbeanzeigen, Flyer und so weiter gilt das ebenso.
Fazit: Rechtslage zu Preisangaben kann sich auf Preisgestaltung auswirken
Die Vorgaben für die Kommunikation von reduzierten Produktpreisen und Rabattaktionen sind durch die neue Preisangabenverordnung merklich verschärft worden. Shopbetreiber müssen aufpassen, dass ihnen die Regeln für die Angabe von Preisen im Shop am Ende nicht beim Festlegen der Preise in die Quere kommen (siehe Praxisbeispiel 3). Im Hinblick auf die Preisangaben auf der sicheren Seite ist, wer darauf verzichtet, Preisnachlässe in Form von Streichpreisen kenntlich zu machen. Aber für wen ist das schon eine sinnvolle Option?
Daher lautet unsere ausdrückliche Empfehlung an alle Shopbetreiber: Preisnachlässe und Rabattaktionen bitte immer genau durchdenken und planen – gerade wenn Black Friday und Cyber Monday vor der Tür stehen.