Was ändert sich 2022 rechtlich für Shopbetreiber?
Im Jahr 2022 wird es für Shopbetreiber eine Reihe von rechtlichen Änderungen geben. Die ersten treten bereits am 1. Januar in Kraft und im Zusammenhang mit dem Verpackungsgesetz gibt es 2022 sogar gleich zwei Änderungsetappen. Wir wagen einen Ausblick und fassen die wichtigsten bereits jetzt absehbaren Änderungen für den E-Commerce zusammen.
1. Januar 2022: Verpackungsgesetz, Elektrogesetz, Vertragsrecht
Verpackungsgesetz: Neue Pflichten für Transportverpackungen
Das 2018 in Kraft getretene Verpackungsgesetz (VerpackG) wurde bereits 2021 ein erstes Mal geändert. Die zweite Änderungsetappe steht zum Beginn des Jahres 2022 an. Neben Änderungen zu Pfandflaschen tritt damit eine auch für Shopbetreiber relevante Nachweispflicht für die Rücknahme und Verwertung von Verpackungen, für die keine Systembeteiligungspflicht besteht (etwa Transportverpackungen wie Paletten) in Kraft. Das bedeutet in der Praxis, dass künftig jedes Jahr bis zum 15. Mai alle entsprechenden, im vorangegangenen Kalenderjahr in Verkehr gebrachten beziehungsweise zurückgenommenen und verwerteten Verpackungen in nachprüfbarer Form, differenziert nach Art des Materials und der jeweiligen Masse dokumentiert werden müssen. Betroffene Händler sind darüber hinaus verpflichtet, geeignete Maßnahmen für die Selbstkontrolle dieser Dokumentationspflicht zu treffen und müssen die gesammelten Informationen auf Behördenanfrage herausgeben.
Einzelheiten zu den neuen Pflichten bleibt der Gesetzgeber bislang jedoch schuldig. Bereits sechs Monate später folgt dann bereits die dritte Änderungsetappe für das Verpackungsgesetz (siehe unten).
Elektrogesetz: Neue Regeln für Verkauf und Rücknahme von Elektro- und Elektronikgeräten
Ebenfalls am 1. Januar 2022 stehen für das Elektrogesetz mehrere Änderungen an, die insbesondere für Lebensmittelhändler und im B2B-Bereich zum Tragen kommen. Für Betreiber von Onlineshops, die Elektro- und Elektronikgeräte vertreiben und dazu verpflichtet sind, bestimmte Altgeräte auf Wunsch zurücknehmen, sind vor allem diese Punkte wichtig:
- Händler müssen bei Abschluss eines Kaufvertrages künftig darüber informieren, dass ein entsprechendes Altgerät beim Kauf eines neuen Geräts kostenfrei zurückgegeben werden kann. Das gilt für Bildschirme und Monitore mit einer Oberfläche von mehr als 100 Quadratzentimetern, für Wärmeüberträger und für Großgeräte. Onlinehändler können dazu auf eine Informationsseite verlinken und dem Kunden im Checkout eine Checkbox zur Verfügung stellen, mit der Kunden beim Kauf den Wunsch zur Altgeräteabholung bei Lieferung ausdrücken können.
- Wer als Onlinehändler über eine Lagerfläche von mehr als 400 Quadratmetern allein für Elektrogeräte verfügt, muss in Zukunft anbieten, die Versandkosten für bestimmte Altgeräte (Bildschirme und Monitore, Kühl- und Gefrierschränke sowie Großgeräte) im Austausch für die Lieferung eines entsprechenden neuen Geräts übernehmen. Für kleinere Geräte wird auf Kooperationen mit lokalen Rückgabestellen und regionalen Entsorgern gesetzt.
- Auch den Handel auf Online-Marktplätzen gibt es noch eine Neuerung, von der Shopbetreiber als Händler jedoch nicht unmittelbar betroffen sind. Künftig haften auch Marktplatzbetreiber und Fulfillment-Dienstleister aufgrund einer Prüfpflicht zur regelmäßigen Kontrolle der auf ihren Plattformen angebotenen Elektro- und Elektronikgeräte. Während Verkäufern schon bisher verboten werden konnte, bestimmte Geräte anzubieten, wenn der Hersteller nicht ordnungsgemäß registriert war, wird diese Regelung nun auch auf die Betreiber von Marktplätzen und Fulfillment-Diensten ausgeweitet.
Detaillierte Informationen zu den Rechten und Pflichten für Händler im Zusammenhang mit dem Elektrogesetz gibt es bei der stiftung elektro-altgeräte register (ear).
Vertragsrecht: Zahlreiche Änderungen im Kleingedruckten
Zum Jahresbeginn 2022 wird in Deutschland die Warenkaufrichtlinie der Europäischen Union mit dem „Gesetz zur Regelung des Verkaufs von Sachen mit digitalen Elementen und anderen Aspekten des Kaufrechts” umgesetzt. Damit ändert sich das Vertragsrecht, das auch bei Kaufverträgen im E-Commerce zur Anwendung kommt. In diesem Zusammenhang werden für manchen Shopbetreiber Änderungen an den AGB nötig werden und es gibt eine Reihe von Neuerungen im Bereich von Sachmängeln, Gewährleistung Rücksendungen und Nacherfüllung sowie im Zusammenhang mit der Aktualisierungspflicht für digitale Produkte. Eine gute Zusammenfassung der wichtigsten Änderungen findet sich bei der IHK München.
28. Mai 2022: Die Omnibus-Richtlinie kommt
Die Umsetzung der sogenannten Omnibus-Richtlinie der EU sorgt ab Ende Mai eine Reihe von weiteren rechtlichen Änderungen – gewissermaßen eine ganze Busladung auf einmal. Angepasst werden dabei diese bereits bestehenden Richtlinien:
- Verbraucherrechte-Richtlinie (2011/83/EU)
- Richtlinie über Preisangaben (98/6/EG)
- Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (2005/29/EG)
- Richtlinie über missbräuchliche Vertragsklauseln (93/13/EWG)
Erklärtes Ziel der Richtlinie ist ein „New Deal for Consumers“, also eine Modernisierung und Verbesserung des Verbraucherschutzes, wobei die geltenden Regeln besser durchsetzbar werden sollen. Shopbetreiber sind davon insbesondere durch notwendige Anpassungen in der Widerrufsbelehrung oder im Zusammenhang mit der Preisangabe betroffen.
Bei der Angabe sogenannter Streichpreise müssen Händler in Zukunft den niedrigsten Gesamtpreis angeben, den sie innerhalb der letzten 30 Tage vor der Anwendung der Preisermäßigung gefordert haben. Auf diese Weise soll vermieden werden, dass Preise angegeben werden, die womöglich so nie vom Händler verlangt worden sind, oder dass Preise vor einer Ermäßigung nur vorübergehend angehoben werden, so dass ein anschließender Preisnachlass künstlich vergrößert wird. Weitere Änderungen betreffen Details bei der Angabe von Grundpreisen. Zugleich legt die Richtlinie einen weiteren Fokus auch auf die stetig wachsende Bedeutung von Marktplätzen, die ebenfalls neue Regeln umsetzen werden müssen. Detaillierte Informationen zur Omnibus-Richtlinie hat der Händlerbund zusammengestellt.
1. Juli 2022: Noch einmal Verpackungsgesetz
Zum Beginn des dritten Quartals 2022 folgt dann die dritte und – vorerst – letzte Änderungsetappe für das Verpackungsgesetz, die auch die umfangreichste sein wird. Darin enthalten sind Änderungen zur Registrierungspflicht, zum Fulfillment und zu Marktplätzen:
- Die Registrierungspflicht, die bisher schon für Hersteller beziehungsweise sogenannte „Letztvertreiber“ von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen gilt, wird deutlich ausgeweitet. Ab dem 1. Juli 2022 sind auch Hersteller von Serviceverpackungen und Transportverpackungen ohne Systembeteiligungspflicht, Umverpackungen und Verkaufsverpackungen dazu verpflichtet.
- Die Verantwortlichkeiten im Bereich Fulfillment werden neu geregelt: Als Hersteller einer Versandverpackung gilt dann, wer den Fulfillment-Dienstleister beauftragt hat. Diese Dienstleister müssen künftig zudem überprüfen, ob der Auftraggeber seine Pflichten auch tatsächlich erfüllt und dürfen andernfalls nicht für ihn tätig werden.
- Für Marktplätze gilt das ebenso: Marktplatzbetreiber müssen ab dem Stichtag prüfen, ob die bei ihnen gelisteten Händler ihrer Registrierungspflicht vorschriftsgemäß nachgekommen sind. Bereits jetzt hat Amazon damit begonnen, vereinzelt die EPR-Nummern (Extended Producer Responsibility) abzufragen.
Ausführliche Informationen rund um das Verpackungsgesetz hält die Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister bereit.
Fazit
Zwar steht für 2022 keine zweite DSGVO ins Haus und auch die E-Privacy-Richtlinie der Europäischen Union wird noch länger auf sich warten lassen. Aber in sehr vielen speziellen Anwendungsfällen und juristischen Details wird es wichtige Neuerungen geben, so dass eine Vielzahl von Shops davon betroffen sein werden. Händlern empfehlen wir daher juristische Beratung, um die Rechtssicherheit ihrer Onlineshops auch im Jahr 2022 aufrechterhalten zu können. Zudem ist – wie schon in den vorangegangenen Jahren – ein wachsamer Blick auf die aktuelle Rechtsprechung auf nationaler und europäischer Ebene wichtig, denn auch im kommenden Jahr wird es wieder manches aufsehenerregende und folgenreiche Urteil geben. Und schließlich bleibt zu beobachten, welche neuen Gesetzesvorhaben die gerade vereidigte Bundesregierung auf den Weg bringen wird.